Herausforderungen mit Schüler:innen meistern

Herausforderungen mit Schüler:innen meistern: Wie du wieder in Verbindung gehst und das Potential erkennst

Du kennst es sicher auch, dass es mit einigen Menschen schwieriger ist als mit anderen. Einige schließt du sofort ins Herz und anderen versperrst du deine Liebe. Da auch wir Lehrer:innen Menschen sind, werden wir diese Tendenzen auch mehr oder weniger stark in unserem Beruf spüren. Jetzt ist das Geheimnis gelüftet. 😉 Mit einigen Schüler:innen hast du richtig viel Freude, während es mit anderen etwas holpriger ist. Ebenso mit Eltern oder Kolleg:innen.
 
In meinem Studium besuchte ich ein Seminar in Psychologie. Wir machten eine sehr besondere Übung, die ich nie vergessen habe. Die Seminarleiterin teilte uns ein Arbeitsblatt mit vielen Diamantenumrissen aus. Sie gab uns die Aufgabe, einen Menschen auszuwählen, mit dem es aktuell etwas schwieriger ist. Ich wählte damals meinen Mitbewohner, mit dem ich ein paar Konflikte hatte und er mich öfter mal zur Weißglut brachte. Nun sollten wir all die positiven Eigenschaften dieses Menschen auf jede Seite der Edelsteine schreiben. Anfangs fiel mit das natürlich gar nicht so leicht. Ich merkte, dass es ein richtiges Umdenken erforderte. Bislang lag mein Fokus auf all den schlechten Seiten, die mich triggerten. Auf einmal sollte ich jedoch den Fokus wechseln.
 
Mit der Zeit kamen da nach und nach positive Dinge, die ich aufschrieb. Es berührte mich sehr, wie wirkungsvoll diese Übung war. Es war beeindruckend, wie sich das Bild über den Menschen durch den Wechsel meines Fokus verändert und was es auch mit mir machte. Ich fühlte auf einmal nicht mehr den Groll, die Ablehnung und den Frust. Auf einmal öffnete sich da eine Tür, wo ich nie dachte, das es eine gab. 
 
Unsere Seminarleiterin erklärte uns, wie wir diese Übung auch in unserem späteren Schulalltag nutzen können, wenn es beispielsweise um Schüler:innen geht, mit denen wir nicht so gut zurecht kamen.
 
Ich musste an diese Erfahrung denken, als ich letztens von einer ähnlichen Geschichte laß. In dieser ging es um eine Lehrerin, die etwas sehr Besonderes mit ihrer Klasse tat. Als es eines Nachmittags sehr unruhig wurde, sagte sie den Schüler:innen, sie sollen ihre Schulsachen weglegen. Sie schrieb die Namen jedes Einzelnen an die Tafel, während sich die Klasse ausruhen durfte. Schließlich sollten die Kinder die Namensliste abschreiben und neben jedem Namen vermerken, was sie an dieser Person schätzten. Am Ende der Stunde sammelte sie alle Blätter ein.
 
Wochen später, als es wieder sehr schwierig und unruhig wurde, bat sie die Klasse wieder alle schulischen Aufgaben sein zu lassen. Sie teilte jedem Kind ein Blatt aus, das mit seinem Namen beschriftet war. Darunter standen viele positive Eigenschaften, die die Mitschüler:innen diesem Kind zugeordnet hatten. Die Schüler:innen waren sehr glücklich und die Stimmung in der Klasse veränderte sich.
 
Ein paar Jahre später, als die Klasse schon aus der Schule gegangen war, bekam die Lehrerin einen Anruf von einer Mutter eines ehemaligen Schülers. Dieser Schüler war immer der Klassenclown, aber auch einer ihrer Lieblingsschüler. Die Mutter überbrachte die traurige Nachricht, dass ihr Sohn im Krieg gefallen war. Sie lud die Lehrerin zur Beerdigung ein, bei der auch ehemalige Schulfreunde anwesend waren.
 
Nach dem Gottesdienst kam die Mutter auf die Lehrerin zu und holte einen zerflederten Zettel heraus. Dieser Zettel war einer der wenigen Dinge, die man in der Tasche des verstorbenen Jungen fand, als man seinen Leichnam barg. Es war der Zettel, auf dem die Lehrerin all die positiven Eigenschaften notiert hatte, die seine Mitschüler:innen dem Jungen zuschrieben.
 
Die Lehrerin war gerührt und ihr traten Tränen in die Augen. Ein Mädchen, das daneben stand, zog ebenfalls ihre eigene Liste heraus, die sie auch immer bei sich trug. Daraufhin berichtete ein anderer Junge, dass seine Liste gerahmt am Kühlschrank hing. Ein anderes Mädchen erzählte, dass ihre Liste bei ihrer Hochzeit vorgelesen wurde.
 
Diese Lehrerin hatte die Herzen ihrer Schüler:Innen berührt, von der man für gewöhnlich nur träumen kann.
 
Ich erzähle dir diese Geschichte, da auch du die Herzen deiner Schüler:innen nachhaltig berühren und einen Unterschied machen kannst. Es braucht dafür gar nicht den perfekten Unterricht oder die geniale Methode. Eigentlich ist es ganz simple.
 
Es ist eine grundlegende Haltung, die alles verändern wird. Wenn wir davon ausgehen, dass jeder Mensch bereits perfekt so ist, wie er ist, dann ist das die Basis. Im Buddhismus geht man von der „edlen“ Natur eines Menschen aus. Dies ist die wahre Schönheit. Das heißt nicht, dass dieser Mensch nicht noch Entwicklungspotential hat. Ganz und gar nicht. „Er ist vollkommen so, wie er ist. Aber natürlich ist noch viel zu verbessern.“ , sagte einmal ein Zenmeister.
 
Ich beobachte häufig, dass sich Lehrkräfte schwer tun, zu viel zu loben oder wertzuschätzen. Meist ist es besser, kritischer zu sein und all das aufzuzeigen, was nicht gut ist. Dabei liegt genau da die Hürde für wirklich tiefe Beziehungen und auch Entwicklung.
 
Nelson Mandela formulierte es so: „Es tut nicht weh, wenn man zu gut von einem Menschen denkt. Häufig fühlt sich der Mensch dadurch geehrt und verändert sich tatsächlich“
 
Falls es dir mal schwer fallen sollte, diese Haltung einzunehmen, dann habe ich hier folgende Übung für dich:
 
Wenn du dich glücklich und ausgeglichen fühlst, denke an den Menschen, mit dem es aktuell schwierig ist. Finde 5- 10 positive Eigenschaften an diesem Menschen und schreibe sie auf ein Zettel.
 
Diese Übung wird deinen Fokus verändern und plötzlich nimmst du die guten Ansätze oder positiven Dinge an der Person wahr. Du kommst raus aus dem Problemrahmen. Durch die Veränderung deines Fokus wird sich auch einiges in deiner Beziehung zu der Person verändern. Sei gespannt. 🙂
 
Nimm dir gern diesen Gedanken mit und berühre die Herzen deiner Schüler:innen auf eine Art und Weise, die man sich nur wünschen kann. ❤️
 
Deine Frances

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